Sarajevo
Nach einer nicht sehr erholsamen Nachtfahrt kamen wir um sechs Uhr morgens in Sarajevo an. Uns war kalt und da um diese Uhrzeit noch fast nichts aufhatte, sind wir nach einem kurzen Frühstück der Pfannkuchen von Lucas Oma in den Mc für ein zweites Frühstück, Wärme und WLAN.


Um elf Uhr konnten wir dann unsere Rucksäcke schonmal in unser Airbnb bringen und von dieser Last erleichtert schlenderten wir durch die Fußgängerzone der Stadt. Unsere Vermieterin hat uns erzählt, dass in dieser Woche das berühmte Filmfestival in Sarajevo stattfindet, weswegen in der Stadt besonders viel los sei. Wir können nicht beweisen, dass es an dem Festival lag, aber in der Stadt herrschte tatsächlich reges Treiben. Zum Festival selber sind wir nicht gegangen, da die Website nur sehr dürftig Informationen über die gebotenen Events und alles Weitere geliefert hat.
Die Gassen in Sarajevo sind gesäumt von vielen kleinen Lädchen, die alles mögliche an Touri-Ramsch verkaufen, vielen Restaurants, in denen zu jeder Tageszeit irgendjemand Cevapcici isst und Luxus-Läden, in denen es Taschen und Schuhe in bester Qualität und zu 100% original zu kaufen gibt



Abends haben wir in unserem Airbnb gekocht und den Ausblick von unserem Balkon genossen.



Für Freitag hatten wir eigentlich geplant, mit dem Bus in das etwas außerhalb gelegene Städtchen Visoko zu fahren. Dort sollen sich vier Pyramiden befinden, diese von Semir Osmanagić aufgestellte Hypothese wird allerdings von anderen Archäologen stark angezweifelt. Die Ausgrabungsstätte hätten wir uns trotzdem gerne angesehen, doch als wir am Gleis warteten kam zwar eine Ansage, die wir natürlich nicht verstanden, aber kein Zug. Nachdem wir nachgefragt haben, gehen wir aus, dass der Zug ausgefallen ist und es fuhr auch kein weiterer mehr bis zum Nachmittag. Denn in Sarajevo steht zwar ein riesiges Bahnhofsgebäude, hier ist aber weniger los als am Bahnhof Eckartshausen, alle Abfahrtszeit- und Ankunftszeiten passen auf dieses Plakat:

Schnell fanden wir dann aber eine Alternative. Im Jahr 1984 fanden in Sarajevo die olympischen Winterspiele statt und die Bobbahn von damals steht immer noch und kann als Lost Place besichtigt werden. Eine Seilbahn führte uns hinaus auf den Berg Trebevic.




Dort beginnt die Bobbahn und diese sind wir dann über die gesamte Länge hinuntergelaufen. Die Kurven sind heute Leinwände für zahlreiche Graffiti und man kann noch den Mechanismus sehen, mit dem manche Teile der Bobbahn ausgetauscht werden konnten.







Nach Ende der Bobbahn kamen wir am alten Observatorium von Sarajevo vorbei, das während der Belagerung Sarajevos von 1992-1995 zerstört wurde.
Das zerfallene Gebäude mit den vielen Graffiti kreiert eine ganz eigene Atmosphäre, die wir versucht haben, in einem sehr professionellen Fotoshooting einzufangen. Dabei möchte ich klarstellen, dass hierfür keinerlei Absperrungen umgangen oder Schilder missachtet wurden, beides gab es nämlich nicht.





Der restliche Weg nach unten gestaltete sich ziemlich abenteuerlich, da es auch noch anfing zu nieseln und wir keine Wanderschuhe hatten. Unten angelangt wurden wir allerdings mit Limonade belohnt, die drei kleine Mädchen an einem kleinen Stand verkauften.


Danach ging Luca zum Friseur, wo er für umgerechnet sechs Euro einen neuen Haarschnitt verpasst bekommen hat und zu einem “new man“ wurde, wie der Barber es ausdrückte.

Da wir an diesem Tag anscheinend noch nicht genug gelaufen sind, wollte Luca noch zum Stadion von Sarajevo rauslaufen, was wir dann auch gemacht haben. Von dort aus hat man auch gesehen, wo wir am Nachmittag herumgekraxelt sind.



Nach dem Abendessen im Airbnb sind wir dann abends nochmals durch die Fußgängerzone Sarajevos gelaufen, in der immer noch reges Treiben herrschte. Unsere Vermieterin hatte wohl Recht, in den Bars und Clubs saßen sehr viele junge Leute. Allgemein ist die Stadt sehr wuselig.

Der Samstag war unser letzter Tag in Sarajevo, doch auch an diesem Tag nahmen wir einen Nachtbus in die nächste Stadt (Belgrad) und konnten noch den ganzen Tag in der multikulturellen Stadt verbringen.
Als allererstes gingen wir serbisch Mittag essen. Luca gönnte sich die erste Portion Cevapcici des Tages und ich aß Börek mit Spinat. Zum Nachtisch probierten wir Uštipci, ein Hefeteiggebäck, welches frittiert wird und dann traditionell mit Frischkäse gegessen wird. Nur zu empfehlen.

Weiter ging es zu Museum Nummer 1 des Tages, welches Sarajevo in der Zeit von 1878-1914 thematisiert, insbesondere das Attentat auf den österreichisch-ungarischen Thronerben und seine Frau, bekanntlich der Auslöser des Ersten Weltkriegs. Das Museum befindet sich auch an dem Ort, an dem der Attentäter stand, als er die Kugeln abfeuerte.




Danach beschlossen wir, unsere Rucksäcke zum Busbahnhof zu bringen und dort einzuschließen, um sie nicht den ganzen Tag herumtragen zu müssen.
Es folgte das zweite Museum für diesen Tag, das Museum of crimes against humanity and genocide 1992-1995 über den Jugoslawienkrieg und besonders die Gräueltaten, die während der 1425 Tage lang andauerten Belagerung von Sarajevo verübt wurden. Das Museum war harte Kost, es wurden sehr viele Einzelschicksale dargestellt und außerdem gibt es von diesem Krieg Aufzeichnungen mit Ton in Farbe und guter Qualität, die den Horror schonungslos darstellen. Während wir im Museum waren, sprach Luca das aus, was auch ich mir dachte: “Zwölf Jahre Schule und ich wusste so gut wie nichts hiervon“.

Den Abschluss unserer Zeit in der Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina stellten natürlich Cevapcici zum Abendessen dar.

Abschließende Gedanken und Eindrücke:
Luca
Das schreib ich gefühlt auch öfter wie ich Plätze in der Top 5 hab, aber die Stadt muss da auch noch rein. Wo fange ich da an. Erstmal zur Stadt selbst die ist MultiCulti pur und das ist mega nice, das mal so zu sehen. In der Stadt leben sehr viele Muslime und dadurch gibt es viele Moscheen. Es ist einfach mal was anderes und sehr cool abends den Gesang von einem Minarett zu hören. Dann hat mir die Stadt die tragische Geschichte des Jugoslavienkrieges näher gebracht. Ich finde es sehr schade, dass ich in 12 Jahren Schule überhaupt nichts davon mitbekommen habe und das obwohl der Konflikt erst 25 Jahre geschlichtet ist. Aber als letztes hat mir die Stadt auch ein bisschen einen Traum erfüllt. Ich habe eine schwäche für “Lost Places” und vor allem alte Olympiabauten. Daher bin ich mit sehr sehr großer Freude die Bobbahn herunter gelaufen.
Emely
Das gesellige Treiben in Sarajewo hat mir sehr gut gefallen und auch die vielen Kulturen. Man hat auch viele muslimische Einflüsse gesehen, vor allem durch die Moscheen, was wir bisher noch nicht auf der Reise hatten. Auf der anderen Seite ist da die schwerwiegende Geschichte des Landes, die mir erst jetzt, als ich hier war, so bewusst wurde. Ich finde es schade, dass der Jugoslawienkrieg zumindest in meiner Schullaufbahn kaum eine Rolle gespielt hat, obwohl er noch gar nicht lange zurück liegt und noch so viele Zeitzeugen leben.
4 Antworten auf „Bosnien und Herzegownia“
Wieder ein toller Bericht.
Danke fürs “mitreisen” 😍
Da wollen wir uns unbedingt anschließen! Der Bericht war sehr interessant! DANKE ❗️
Ich freue mich immer euch zu folgen, super schön und interessant geschrieben.
Drücker
Ich entschuldige mich aufrichtig für diesen Kommentar! Aber ich teste einige Software zum Ruhm unseres Landes und ihr positives Ergebnis wird dazu beitragen, die Beziehungen Deutschlands im globalen Internet zu stärken. Ich möchte mich noch einmal aufrichtig entschuldigen und liebe Grüße 🙂