Calais, Tours, La Rochelle, Bordeaux und Biarritz
Calais
Innerhalb von sechs Stunden brachten uns vier verschiedene Züge von Amsterdam quer durch Belgien ins französische Calais. Erstaunlich, wie wir innerhalb von zwei Stunden in drei verschiedenen Ländern waren.
Da wir erst am späten Abend in Calais ankamen, haben wir an diesem Abend lediglich den letzten Blogbeitrag fertiggestellt und einen Film angeschaut.
Den darauf folgenden Tag verbrachten wir nach den vollgepackten Tagen in den Großstädten ganz entspannt. Luca hatte einige Meetings von seinem HiWi-Job an der Uni, weswegen Emely den Tag alleine am Strand von Calais verbrachte.
Zunächst schien die Opalküste menschenleer zu sein, doch beim Rückweg auf der höherliegenden Strandpromenade erwachte die Stadt am Nachmittag zum Leben. Trotz der Kälte des Wassers ließen sich einige Surfer und Kite-Surfer nicht aufhalten und nutzten die Wellen dank des starken Windes. Andere versuchten ihr Glück beim Angeln auf dem weit ins Wasser ragenden Steg.








Doch nicht nur die Menschen der Stadt erwachten langsam, sondern auch ihr Drache. Seit 2019 schiebt sich das Tier aus Holz und Stahl über die Strandpromenade von Calais und gilt nun als die Touristenattraktion der Stadt. Mehrere Menschen braucht es, um das Ungetüm, das sogar Feuer speien kann, zum Leben zu erwecken.

Nach seinem Nachmittag am Laptop wollte auch Luca den Strand der Stadt noch sehen und so besuchten wir am Abend nochmals die Promenade und aßen umgeben von Möwen Fritten zu Abend. Im Hafen von Calais beobachteten wir außerdem eine der riesigen Fähren beim Auslaufen, nach Dover hat unsere Sicht allerdings leider nicht gereicht.


Am Samstag war unser kurzer Aufenthalt in Calais auch schon wieder vorbei und wir nahmen den Zug nach Tours.
Tours
In Tours angekommen, haben wir erstmal die Hostelküche unserer Herberge The People Hostel genutzt und mal wieder selbst gekocht. Zum Abendessen gab es Nudeln mit Gemüse, wobei die Sahne und der Käse wohl alles Gesunde des Gerichts wieder zunichte gemacht hat.


Nach einem späten Frühstück erkundeten wir am Sonntag die Stadt, in der nicht besonders viel los war.
Zunächst besichtigten wir die Kathedrale der Stadt, welche besonders viele bunte Fenster aus alter und neuer Zeit hat.


Auf den Fenstern werden Geschichten von Jesu Kreuzigung und auch die Geschichte des Heiligen Sankt Martin erzählt. Diese Geschichte, in dem ein edler Herr sein Mantel für einen Bettler vor dem Stadttor teilt, die wahrscheinlich jeder aus dem Kindergarten vom Laternenlaufen kennt, hat sich nämlich in der Stadt Tours zugetragen. In der Basilique Sancto Martino ist der als heilig Geltende auch beerdigt und sein Grab ist heute eine Gebetsstätte.



Der Fluss Loire teilt die Stadt Tours in zwei Teile und sein Tal ist eine beliebte Urlaubsgegend und besonders die vielen Schlösser, die an seinem Ufer in früheren Zeiten gebaut wurde, tun es vielen Touristen an. Auch wenn wir die umliegenden Schlösser nicht besichtigt haben, so fühlten wir uns am Ufer der Loire ebenfalls wohl. Deren Ufer lässt einen die umliegende Stadt vergessen und man kommt sich vor, als sei man mitten in der Natur auf dem Land.




Besonders begeistert hat Luca an Tours außerdem die Stadtbahn, die den nötigen Strom nicht von Oberleitungen bekommt, sondern durch ein ausgeklügeltes System, dass sich zwischen den Schienen unter der Straße befindet.
In Vieux Tours, dem alten Stadtteil von Tours, sollen die Treppenhäuser früher außerhalb der Häuser in Türmen gebaut worden sollen. Leider haben wir nur einer dieser außenliegenden Treppen gesehen, diese ist wohl aber ziemlich berühmt. Hier aß Emely auch endlich mal einen französischen Crêpe.


An diesem Sonntag fanden auch die zweiten Präsidentschaftswahlen Frankreichs statt, in dem sich die Franzosen zwischen Macron und Le Pen als nächstes Staatsoberhaupt entscheiden mussten. Doch wie auch beim ersten Wahlgang, bei dem wir in Paris waren, war davon nichts zu spüren. Auch in Tours ist uns kein einziges Wahlplakat oder Wahllokal aufgefallen. In der Bar unseres Hostels kam abends der Live Countdown zu den ersten Hochrechnungen zu den Schließungen der Wahllokale um 20 Uhr, doch wir, die einzigen Deutschen, schien das Ergebnis am meisten zu interessieren. Die Franzosen wurfen nur einen kurzen Blick auf das Ergebnis und gingen dann wieder ihren Beschäftigungen nach. Das ist wohl die Politikverdrossenheit, von der alle sprechen.
Am Abend brachten wir mit dem Polizeiruf 110 am Sonntagabend etwas Heimat in die Fremde (Ja, Luca wurde von Emely dazu gezwungen, das anzuschauen und ja, es gab schon bessere).
Unser nächster Stopp führt uns wieder an das Meer. Am Montagmittag brachte uns der Zug, nach einem kurzen, unspektakulären Aufenthalt in Poitiers, nach La Rochelle.
La Rochelle
La Rochelle haben wir nur eine Nacht mit unserer Anwesenheit beehrt, die wir in der dortigen Jugendherberge verbracht haben. Emely hatte Glück, sie bewohnte ihren Sechserschlafsaal für Frauen alleine, während Luca versuchte, zum Schnarchen seiner Mitbewohner etwas Ruhe zu finden (was nur fair ist, da er sonst alle anderen mit seinem Schnarchen wach hält).
Den Montagabend nutzten wir, um die Altstadt noch etwas zu erkunden und am Hafen eine Pizza zu verspeisen. Den Sonnenuntergang beobachteten wir auf dem Steg am Rande des Hafens.



Der Vieux Port, der alte Hafen von La Rochelle, wurde früher von zwei Türmen bewacht. Außerdem gibt es hier einen Leuchtturm, der noch aus dem Mittelalter stammt. Zwei der Türme kann man hinaufgehen, was wir am Dienstagmorgen tun wollten, jedoch hatten wir unsere Rucksäcke dabei und mit diesen durften wir nicht nach oben.



Nach einem kurzen Stopp am Rathaus der Stadt, beschlossen wir dann, bereits früher ab zufahren und dafür und dafür den Nachmittag in Bordeaux zu verbringen.
Bordeaux
In Bordeaux blieben wir nur für eine kurze, aber dennoch schöne Zeit zwischen zwei Zügen, die uns von La Rochelle nach Biarritz brachten.
Nachdem wir unsere Rucksäcke am Bahnhof eingeschlossen haben, liefen wir am Ufer der Garonne entlang zum Place de la Bours. An diesem Platz befindet sich eine Besonderheit in Bordeaux: der Wasserspiegel. Eine Granitplatte wird mit Wasser überzogen und bildet das Reflexionsbecken. Auf diesem dünnen Wasserfilm, der nur etwa 2 cm hoch ist, spiegeln sich dann die gegenüberliegenden historischen Prachtbauten. Besonders die Einheimischen scheinen das begehbare Reflexionsbecken auch als eine Art Wasserspiel zu sehen, manche Kinder trugen sogar extra Badeanzüge.


Die Fußgängerzone von Bordeaux war sehr belebt, mit vielen Geschäften und sogar ein Flohmarkt fand unweit auf einem Platz statt.
Nach nicht ganz drei Stunden ging es dann wieder zurück zum Bahnhof und weiter in den Süden nach Biarritz, unsere letzte Haltestelle vor der spanischen Grenze.
Biarritz
In Biarritz angekommen, befragten wir zunächst einmal Tripadvisor, wo wir unseren Hunger am besten stillen konnten. Als Antwort bekamen wir eine familiengeführte Pizzeria vorgeschlagen, deren Pizza sehr lecker und Unterhaltung noch besser war. Als der Wirt herausgefunden hat, dass wir aus Deutschland kommen, hat er sich tatsächlich noch an einige deutsche Wörter von vor über dreißig Jahren erinnern können und uns in ein Gespräch über Fußball verwickelt, bis wir irgendwann dachten, dass er uns gar nicht mehr gehen lässt.
Den Mittwoch nutzten wir, um Biarritz näher zu erkunden. Durch die Fußgängerzone machten wir uns auf dem Weg zum Strand, von welchem aus man einen hervorragenden Blick auf die besonderen Felsformationen hat, die das Wasser dort über die letzten Jahrtausende hinterlassen hat. Auf dem Roche de la Vierge befindet sich außerdem eine Statue der Heiligen Maria und dieser ist über eine Brücke zu erreichen, die vom berühmten Gustave Eiffel konstruiert wurde.



Gut gestärkt mit einem Burger und Pommes, wanderten wir noch etwas durch das Städtchen, in dem viele russische Oligarchen ihr Sommerdomizil haben. Auch das Haus der russischen Präsidententochter soll sich dort befinden und seit dem Angriffskrieg von Aktivisten besetzt sein, jedoch haben wir das Haus leider nicht gefunden. Stattdessen besichtigten wir den Phare de Biarritz, ein Leuchtturm, der aber leider zur Zeit geschlossen ist, weswegen wir die Aussicht auf das Meer nur vom Plateau der Felsen genießen konnten. Schön war es trotzdem.


Dieser Abend sollte der dritte Abend sein, an dem wir uns den Kopf über das spanische Zugsystem zerbrachen. Während wir in Frankreich alle Züge über die Rail Planner App von Interrail heraussuchen und unserem Ticket hinzufügen konnten, gab es für spanische Züge nichts. Keinerlei Zeiten und Informationen. Zunächst dachten wir, das sei ein Fehler der App, doch dann haben wir erfahren, dass die spanische Zuggesellschaft ihre Zeitpläne in die Interrail App nicht eingepflegt hat und auch außerhalb der App kommt man nur schwer an die nötigen Informationen. Da scheint die Deutsche Bahn dann doch eine ganz gute Partie zu sein.
Letztendlich hat Luca dann aber doch noch das meiste herausgefunden, so dass wir am Donnerstagmorgen mit dem Zug nach Hendaye fuhren, die letzte französische Stadt vor der spanischen Grenze. Dort angekommen überquerten wir zu Fuß die Grenze, um in Irun den Reisebus nach Bilbao, unser nächstes Ziel, zu nehmen, der sich als unkomplizierter, schneller und günstiger als spanische Züge herausgestellt hat.
Abschließende Gedanken und Eindrücke
Luca
Für mich war Calais das Highlight dieses Abschnitts. Weniger, weil es von der Stadt her so umwerfend war, sondern weil mich die Stimmung am Abend sehr gepackt hat. Menschenleerer Sandstrand, das Wetter düster und stürmisch. Richtiges Nordseefeeling halt. Tours und La Rochelle waren für mich eher Durchschnitt. Beide haben ihre schönen Ecken und Momente, aber es hatte für mich nicht die Faszinität von Rotterdam oder die Stimmung von Calais. Biarritz fand ich irgendwie enttäuschend und bringt für mich etwas auf die spitze, dass ich in allen vier Städten beobachtet habe. Die Städte wirken oft etwas in die Jahre gekommen. In Toplage an der Küste dominieren das Bild Plattenbauten aus den 60ern und 70ern, denen man leider jedes Jahr ansieht und viele Grünflächen wirken verwildert. So etwas kann natürlich seinen ganz eigenen Charme mit sich bringen, der hat aber leider bei mir nicht gewirkt.
Emely
Irgendwie hat Frankreich während unserer Zeit dort seinen Charme für mich etwas verloren. Ich kann nicht festmachen, an was genau es lag, vielleicht am eher miesen Wetter oder das aufgrund der Nebensaison nur wenig los war. Trotzdem hat mir besonders die raue Stimmung am Meer in Calais gut gefallen und auch Bordeaux würde ich mir gerne nochmals etwas genauer anschauen. Verwundert hat mich außerdem, was für eine kleine Rolle die französischen Wahlen im Stadtbild gespielt haben. Denke ich an die Wahlkämpfe in Deutschland, habe ich viele Wahlplakate und große Aufsteller vor Augen, doch nichts davon war in Frankreich auffallend zu sehen.
5 Antworten auf „Frankreich Teil 2“
Guad
Danke fürs dabei sein dürfen!
Das war wieder ein toller Reisebericht!
So schön zu lesen, macht richtig Spaß auf euren Touren dabei sein zu dürfen.
Nicole
Ja, ja, die Kirchen – sehenswert!! 😍😍
Was ein toller Bericht!